Ein Artikel von
Cornelia Diedrichs

Schwanger mit Zwillingen – Das doppelte Glück 

Als ich beim Frauenarzt auf dem Untersuchungsstuhl saß und die Worte vernahm „Oh da ist ja noch ein Zweites“, verschwand sämtliche Farbe aus meinem Gesicht. „Zwillinge“ tönte es in meinem Kopf. Immer wieder nur dies eine Wort „Zwillinge“.

Für jede Frau ist dieser Moment eine Überraschung. Sie schwankt zwischen Schock und Freude. Doppeltes Glück ist mittlerweile gar nicht mehr so selten. War in den 70er Jahren nur jedes 56. Kind ein Mehrling, so ist es im Jahr 2019 bereits jedes 24. Kind gewesen.

Wie entstehen zweieiige Zwillinge

Zweieiige Zwillinge entstehen, wenn im Körper der Frau zwei Eizellen heranreifen und beide befruchtet werden und sich einnisten. Es sind zwei völlig von einander getrennte Kinder, die wie normale Geschwister Gemeinsamkeiten besitzen.

Legt man alle Zwillingsgeburten zugrunde, dann sind es zu 70% zweieiige Zwillinge und nur 30% eineiige. Die Häufigkeit von eineiigen Zwillingen ist über all die Jahre relativ konstant geblieben. Sie sind einfach eine Laune der Natur auf die es keine besonderen Faktoren gibt. Ganz im Gegensatz zu zweieiigen Zwillingen.

Die Chance zweieiige Zwillinge zu bekommen

Es gibt mehrere Faktoren, die die Wahrscheinlichkeit für zweieiige Zwillinge erhöhen.

Mit dem fortschreitenden Alter der Frau nimmt die Chance auf eine Schwangerschaft stetig ab. Ab einem Alter von 35 Jahren liegt die Chance nur noch bei 52%. Hingegen steigt mit dem Alter die Chance auf doppeltes Glück. Man könnte es eine Art Torschlusspanik des Körpers nennen, dass in reiferem Alter direkt zwei Eizellen je Zyklus heranreifen.

Die Wahrscheinlichkeit für das zeitgleiche Heranreifen von zwei Eizellen wird innerhalb der weiblichen Linie der Familie vererbt. Wenn die Oma beispielsweise zweieiige Zwillinge hatte, so vererbt sie diese Zwillingswahrscheinlichkeit an ihre Tochter und diese an ihre Tochter weiter.

Ein weiterer Faktor für eine erhöhte Eireifungsrate ist der Körperbau der Frau. Übergewichtige und besonders große Frauen haben eine 25 bis 30% erhöhte Chance auf doppeltes Glück.

Eine weitere Erhöhung der Zwillingswahrscheinlichkeit liegt in einer früheren Zwillingsgeburt. Wer einmal Zwillinge hatte, der kriegt mit erhöhter Wahrscheinlichkeit nochmal welche. Gleichfalls kann auch die Geburt mehrerer Einlinge zu einem späten Zwillingsglück verhelfen.

Die Angst der Zwillingsschwangeren

Ich weiß es noch wie gestern. Ich ging wie in Trance aus der Frauenarztpraxis, zückte auf der Straße mein Handy und rief meine Mutter an. Als ich ihr sagte, dass ich Zwillinge erwarte, brachen alle Dämme und ich weinte los. Die Angst saß tief: „Wie sollte ich das nur schaffen?“ Zwei auf einen Schlag! Meine Mutter sagte sofort, dass sie mich unterstützen würde und immer für mich da wäre. In dem Moment fiel mir ein Stein vom Herzen und das erste Mal dachte ich: „Ich pack das, ich bin ja nicht allein.“

Und genau das ist das Wichtigste. Jede Zwillingsschwangere sollte sich Hilfe organisieren. Frage Familienmitglieder, ob sie Euch in den ersten Monaten oder Jahren unterstützen können. Für die erste Zeit nach der Geburt kannst Du versuchen, eine Familienhilfe bei der Krankenkasse zu beantragen. Auch ehrenamtliche Helferinnen springen manchmal bei Zwillingsfamilien als Hilfe ein. Fordere Hilfe ein wo immer es geht, denn es macht alles sehr viel leichter!

Rückblickend kann ich sagen, dass die ersten zwei Jahre die anstrengendsten mit den Kindern waren und dennoch war es zu schaffen. Wichtig ist, sich vom Perfektionismus zu befreien. Wenn etwas liegen bleibt, dann bleibt es liegen. Wenn die Kinder schlafen, muss man auch mal schlafen. Das A und O ist eine gute Organisation und zwei helfende Hände hier und da.

Eine weitere Angst ist die Schwangerschaft selbst. Eine Zwillingsschwangerschaft ist immer eine Risikoschwangerschaft. Wichtig ist das Vertrauen in den eigenen Körper. Ich habe Diabetes, hatte zwischendrin Blutungen, kämpfte mit viel Übelkeit (bei einer Zwillingsschwangerschaft ist im Vergleich zum Einling auch eine doppelte Menge an Schwangerschaftshormonen im Körper unterwegs) und musste zuletzt wegen Gebärmutterhalsverkürzung sieben lange Wochen nur liegen. Die Schwangerschaft war kein Spaziergang, aber dennoch für mein Empfinden gut. Die ständige Angst die Kinder zu verlieren darf einen in dieser Zeit nicht beherrschen. Vertrau auf Deinen Körper. Positives Denken ist das A und O.

Die Frühgeburt

Nicht alle Zwillinge werden Frühchen. Nur ungefähr 40% kommen vor der 37. Schwangerschaftswoche auf die Welt. Die Medizin ist heute schon sehr weit vorangeschritten. Bei zu früher Geburt oder Komplikationen müssen die Kleinen auf die Neo. Daher ist es wichtig, schon vor Geburt eine Klinik mit angeschlossener Kinderklinik und Frühgeborenen Station auszusuchen, um im Notfall eine schnelle Versorgung der Babys zu gewährleisten.

Es ist eine anstrengende Zeit und die Emotionen fahren in diesen Wochen auf der Neo Achterbahn – das Wochenbett tut sein übriges dazu. Und doch übersteht man diese Zeit und umso erfreulicher ist der Weg von der Klinik in die eigenen vier Wände.

Doppeltes Glück

Zuhause wünscht man sich am liebsten noch acht weitere Arme dazu. Ständig hat ein Kind Hunger, eine Windel ist voll, ein Kind braucht Nähe, eines spuckt….. der Haushalt kommt noch dazu. Doch mit guter Organisation und einem Hauch von Gelassenheit ist es zu meistern.

Und zeitgleich zu den vielen Zusatzarmen wünscht man sich noch hundert weitere Herzen, denn die Liebe, die man für diese kleinen Wesen empfindet – da reicht doch ein Herz nicht, da braucht es hunderte und sie alle würden überquellen. Es ist eine wunderbare Zeit des Kuscheln, der Nähe und gemütlichen Ruhe bis zur nächsten Hunger-Wickel-Attacke. Man kann sich einfach nicht satt sehen an diesen kleinen Wesen.

Ja, der Schlaf ist zu wenig. Ja, die Schübe kommen in doppelter Wucht. Ja, es ist anstrengend. Aber es ist auch so wunderbar schön. Doppeltes Kuscheln, doppeltes Erleben, doppeltes Lieben, einfach doppeltes Glück. Wenn die Kinder dann anfangen sich wahrzunehmen und miteinander zu interagieren – es ist wundervoll zu beobachten. Jede Kraftanstrengung, jeder müde Morgen, jedes k.o.-Gefühl ist dies doppelte Glück wert.

Es gibt nur ein größeres Glück als ein Baby:

Zwei Babys